Dies ist ein Herbsttag …
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.
Christian Friedrich Hebbel
Friedrich Hebbel
Christian Friedrich Hebbel wurde am 18. März 1813 in Wesselburen in Norderdithmarschen, als Sohn eines Maurers geboren.
Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, eine höhere Schulbildung und ein Studium blieben ihm verwehrt. Seine Bildung eignete sich Hebbel durch beständiges Lesen autodidaktisch an, während er als Laufbursche und Schreiber eines Kirchenspielvogts tätig war. Seine ersten Gedichte wurden in regionalen Zeitungen veröffentlicht. 1835 ging er nach Hamburg, um sich auf ein Studium vorzubereiten. Dort lernte er Elise Lensing, seine spätere Geliebte, kennen, mit der er zwei Kinder hatte. Sie und die Schriftstellerin Amalia Schoppe ermöglichten ihm den Aufenthalt in Hamburg.
In diese Zeit fiel auch der Anfang seiner Tagebücher, in denen er über Kunst, Philosophie und eigene Werke reflektierte, zudem geben sie Auskunft über sein Leben. Sie zählen zu den interessantesten Bemerkungen in der Literatur des 19. Jahrhunderts. Ein Jurastudium in Heidelberg brach er 1836 ab. Er ging nach München, da er sich dort bessere Chancen für seine Schriftstellerei ausrechnete. In dieser Zeit studierte er die großen Tragödien von Aischylos, William Shakespeare und Friedrich Schiller. Nach erfolglosem Aufenthalt kehrte er 1839 wieder nach Hamburg zurück. Dort arbeitete er als Rezensent und Mitarbeiter des „Telegraphen für Deutschland“, einem Blatt, das von Karl Gotzkow herausgegeben wurde.
Im Jahr 1840 beendete Hebbel die Arbeiten an der Tragödie „Judith“, die seinen Ruf als dramatischer Schriftsteller begründete. In seiner Streitschrift „Mein Wort über das Drama“ (1843) veröffentlichte er seine Anschauung von Kunst und Drama. Im gleichen Jahr begab er sich auf die Reise nach Paris, die er durch ein vom dänischen König bewilligtes Reisestipendium finanzierte. Dort lernte er Heinrich Heine kennen und den Radikaldemokraten Arnold Ruge. Es folgten weitere Reisen nach Rom und Neapel. 1848 beendete er eine Gedichtausgabe, die er Ludwig Uhland widmete. In den lyrischen Werken spiegeln sich seine philosophischen Gedanken wieder, ohne sie als abstrakte Gedankenlyrik in reiner Form auszugestalten. Sie sind verbunden mit Reflexionen, Persönlichem und allegorischen Deutungen.
Ab dem Jahr 1845 lebte Hebbel in Wien, wo er auch seine spätere Frau Christine Enghaus kennenlernte. Sie heirateten 1846. Zur Zeit der Revolution 1848 zählte der Schriftsteller schon zu den bekannten Persönlichkeiten in Wien. Er verfocht als eifriger Journalist die konstitutionelle Monarchie auf demokratischer Grundlage. In diese Zeit fiel auch die Entstehung des Ehedramas „Herodes und Marianne“ (1850). 1855 wurde das Drama „Agnes Bernauer“ veröffentlicht, das den Konflikt zwischen dem Individualrecht auf Freiheit und Liebe sowie der umfassenden Staatsmacht darstellt. Hierbei und in den übrigen Dramen Hebbels wird deutlich, dass der Autor die Auffassung von einer bleibenden sittlichen Weltordnung thematisiert und weniger sozialgeschichtliche Veränderungsprozesse als Darstellungsmittel verwendet.
Er plädierte durchweg für eine Selbstständigkeit der Kunst. In der Gestaltung seiner dramatischen Werke folgte er der traditionellen Struktur. „Gyges und sein Ring“ entstand 1856. Für die „Nibelungen“-Trilogie (1862) wurde Hebbel 1863 mit dem Schiller-Preis geehrt. Der nationale Stoff und der Autor wurden besonders von den Nationalsozialisten im Dritten Reich für sich eingenommen. Diese Rezeption schadete dem Autor. Kritik kam aber auch von Kollegenseite, wie Gottfried Keller sowie von anderen Zeitgenossen. „Verkünstelte und verzwickte Motivation“ sowie „historische Willkür“ lauteten die Vorwürfe an Hebbels Stoffgestaltung. Dagegen steht die Einzigartigkeit der „Nibelungen“- Gestaltung, die auf das Ineinandergreifen von archaischer Größe und einem Realismus individualpsychologischer Färbung begründet ist.
Überhaupt ist die gegenseitige Verknüpfung und Durchdringung von Individuellem und Allgemeinem eine literarische Grundtendenz von Christian Friedrich Hebbel. Der Literaturgattung Tragödie verpasste der Dramatiker mit „Maria Magdalena“ (1844) und dem Konflikt in der Kleinbürgerwelt eine neue Dimension. Zu seinen weiteren Werken zählen unter anderem „Genoveva“ (1843), „Der Diamant“ (1847), „Ein Trauerspiel in Sizilien“ (1851), „Erzählungen und Novellen“ (1855), „Mutter und Kind“ (1859) oder „Demetrius“ (1864).
Christian Friedrich Hebbel starb am 13. Dezember 1863 in Wien.