etwas heimatkunde

1 Schulchronik der Schule zu Verl, Sürenheide

2 3 I. Die Grafschaft Rietberg Die Grafschaft Rietberg, ein Ländchen von viertehalb Geviertmeilen in der westfälischen Sandebene, welche von der Ems bewässert wird. Im Jahre 1807 hatte sie eine Bevölkerung von etwa 12 000 Seelen. Sie enthielt außer der Stadt gleichen Namens vier Dörfer: Neuenkirchen, Verl, Mastholte und Kaunitz, zwölf Bauerschaften: Mastholte, Möse, Bokel, Druffel, NeuenKirchen, Varensell, Westerwiehe, Oesterwiehe, Bornholte, Verl, Sende und Liemke, ferner die feste Burg Rietberg (Eden) und das Jagdschloß Holte mit einer herrschaftlichen Waldung. Die Bauerschaften bestehen aus einzelnen zerstreut liegenden Höfen, deren Anzahl man zu Ende des vorigen Jahrhunderts auf 950 schätzte. Nach der Beschaffenheit und dem Umfang der von den Besitzern dieser Höfe zu leistenden Dienste unterschied man Vollmeier, oder volle Spänner, Halbmeier oder halbe Spänner, Zweitäger, Einwohner und Neuwohner. Der Vollmeier diente dem Landesgebieter als Guts- und Eigenthumsherrn mit vier Pferden; der Halbmeier mußte ihm mit zwei Pferden dienen. Ein Zweitäger verrichtete jährlich 16 Handdienste, ein Eintäger acht Handdienste. Den Landstrich, welchen das Gebiet der Grafschaft Rietberg einnimmt, finden wir zu Anfang des zwölften Jahrhunderts unter der Herrschaft der mächtigen Westfälischen Grafen zu Arnsberg. Ein Zweig dieses Grafengeschlechts scheint in 4 Rietbike – so lautet der älteste später in Rietberg, Redberg, Rettberg, Reitberg veränderte Namen abwechselnd gewohnt zu haben, ohne daß dadurch die Verbindung mit der Grafschaft Arnsberg aufhörte, indem die Besitzer von Rietberg zugleich den Titel als Grafen von Arnsberg beibehielten. Nächst der Stadt Rietberg ist noch Neuenkirchen der älteste Ort der Grafschaft. Die Pfarre zu Neuenkirchen kommt schon im J 1260 vor und soll von dem Osnabrückischen Bischofe Balduin 1259 – 1264 gegründet worden sein. Graf Maximilian Ulrich von Kaunitz gründete am 12ten December 1712 die Schulvikarstelle zu Bokel. Dem damaligen Pfarrer und dessen Nachfolgern im Amte übertrug er das Vorschlagsrecht bei Besetzung der Stelle. 1722 rief er die Caplanei zu Mastholte ins Dasein. In Betreff der Besetzung wurde dem Grafen von Rietberg das Präsentationsrecht vorbehalten. Auch die Räumlichkeiten des Franziskanerklosters in der Stadt Rietberg erweiterte er durch den Anbau des nach der Ems gerichteten Flügels. Vor allem erwarb Maximilian Ulrich sich ein gesegnetes Andenken durch die Stiftung der Kirche und Pfarre Neukaunitz und durch Errichtung des Gymnasiums in Rietberg 1743. Die Gräfin Anna Catharina Ernestina, regierte nach Ableben ihres Gemahls Johann IV als Vormünderin ihres noch minderjährigen Sohnes Friedrich Wilhelm. Aus ihrer Verwaltung ist zu berichten, daß sie in einem Vertrage 1664 festsetzte, daß die Befugniß zur Präsentation eines neuen Pfarrers künftig dem Grafen von 5 Rietberg zustehen und dessen Einführung durch den Dechanten von Rietberg geschehen sollte. Während der Regierung des Grafen Conrad VI zündete der Blitz in der Stadt Rietberg und es entstand eine große Feuersbrunst, daß fast alle Häuser in Asche gelegt wurden. Sechs Menschen kamen ums Leben. 1457. Graf Ernst Christoph ließ auf Wunsch seines Vaters (Graf Johann) das Koster und die Klosterkirche bauen. Der Bau des Klosters und der Kirche war im J 1629 vollendet. Der Weihbischof Johann Golking aus Paderborn hat als Delegierter des Fürstbischofs von Osnabrück die Klosterkirche am 15ten November 1629 eingeweiht. Die Juden sind jedenfalls während des dreißigjährigen Krieges eingewandert. Nach dem Westfälischen Frieden wurden sie als verhaßte Menschen vertrieben und fanden erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wieder Aufnahme. Sie durften an keinem andern Orte als im Dorf Neuenkirchen sich niederlassen. Die Zahl der geduldeten Juden war auf zwölf Familien beschränkt. Die Besteuerung derselben bestand darin, daß jede Familie jährlich ein Schulgeld von zwölf Thalern nebst einem Schreibgelde von fünfzehn Silbergroschen zu entrichten hatte. Außerdem mußte von Zeit zu Zeit für die Erneuerung des Geleits eine bestimmte Abgabe gezahlt werden. Fremde durchwandernde Juden waren mit einem sogenannten Leibzoll belegt, der bei einem bärtigen Individus 12 Groschen und bei einem bartlosen Reisenden 6 Groschen betrug. Von ihren ausstehenden Forderungen konnten die Rietbergischen Juden sich sechs Prozent Zinsen verschreiben lassen, während für die übrigen Unterthanen der Grafschaft der reichs- 6 übliche Zinsfuß von fünf Prozent maßgebend war. Die Grafschaft Rietberg ist von dem Fürsten Aloys von Kaunitz im Jahre 1822 an den Gutsbesitzer Friedrich Ludwig Tenge zu Niederbarkhausen mit allen Zubehörungen verkauft. I Verl Der Name des Dorfes Verl soll der Sage nach von den vier Bauern herrühren: Bürmann, Hascheneik, Mühlenjost und Müller zu Verl. Von den Vieren hat ein jeder bei Gründung der Pastorat ein Viertel hergegeben. Der Name Verl soll schon im zwölften Jahrhundert genannt werden. In den Paderbörnischen Jahrbüchern 3te Teil wird Verl genannt. 1557. In diesem Jahr hat Graf von der Lippe das Jagdschloß zu Holte angezündet und dann Verl, Neuenkirchen und Rietberg geplündert. Auch heißt es in der Verler Kirchenchronik, daß Verl, Neuenkirchen und Rietberg sich von 1533 bis 1601 zur evangelischen Religion bekannten. Im Jahre 1792 begann Fürst Graf Wenzel Anton von Kaunitz auf seine Kosten den Bau der Pfarrkirche zu Verl, hat aber denselben nicht vollenden können, da er inzwischen starb. Der Bau kam im Jahre 1801 zur Vollendung. Es sind zu dem Bau 3837 Fuder Steine und 1909 Fuder andere Materialien verbraucht. Summe 5746 Fuder. Verl gehörte bis zum Jahre 1837 zum Canton Neuenkirchen. Im Jahre 1837 bildete Pfarre Verl und Kaunitz einen eigenen Canton. Der Name Canton rührte noch von dem Königreiche Westfalen her. Im Jahre 1838 wurde der Name Canton in Amt verwandelt. Der damalige Cantonbeamte hieß Braksiek. Dieser ist auch der erste Amtmann von Verl gewesen. Dieser starb im Jahre 1843. Nach ihm 7 verwaltete die Stelle bis zum Jahre 1844 der Apotheker zu Verl. Dann wurde die Stelle dem Referendar Lakebrink aus Paderborn übertragen. Er und ein Assessor Tiemann aus Rietberg fanden im Jahre 1847 bei einem Wettreiten vor der Barriere zwischen Wiedenbrück und Lippstadt ihren Tod. Nach ihm wurde der Regierungs-Assessor Duwe aus Paderborn bis zum Jahre 1851 Amtmann, wo derselbe nach Neuhaus versetzt wurde. Nun wurde Rohden aus Steinheim Amtmann, der im Jahre 1853 als Steuer-Empfänger nach Steinheim berufen wurde. Sein Bruder Werner Rohden (unser jetziger Amtmann) wurde Amtmann zu Verl. Die Schulen Die Fürsten von Rietberg hatten bis 1800 wenig oder gar nichts für die Schulen gethan. Etwas besser sorgte die Westfälische Regierung, aber wirksamer die Preußische von 1815 an. Bis 1820 bestanden aber noch keine Schulstuben und Wohnungen für die Lehrer. Diese mußten für eigene Wohnung sorgen, und wanderten halbjährig mit den Schülern von einem Hof zum anderen, wo dann im Sommer auf der Tenne und im Winter in der Wohnstube der Familie Unterricht erteilt wurde. Im Jahre 1820 wurde für die Schule in soweit gesorgt, daß in jeder Gemeinde zwei Schulstuben gebaut wurden, die ½ bis ¾ Stunden voneinander entfernt waren, und von einem Lehrer besorgt wurden. Bei der Teilung der Gemeinheiten in den ersten zwanziger Jahren wurden für die Schule auch Plätze angewiesen, die aber meistens nicht passend lagen. In Sende wurden endlich zwei Lehrer-Wohnungen gebaut, 8 eine bei Brisse und die andere bei Elbracht. Der Lehrer bei Brisse hatte zugleich die Schule bei Ebbinghaus, und der Lehrer bei Elbracht die auf der Holte zu besorgen. In Bornholte wurde keine Wohnung für den Lehrer gebaut, weil derselbe eine eigene Besitzung hatte. Derselbe hatte zwei Wanderschulen. Diese sogenannten Wanderschulen wurden in den sechziger Jahren seitens der Regierung aufgehoben. Die Einrichtung ist zum Heile für die Lehrer und für die Schüler. Gemeinde Verl Die Gemeinde Verl liegt nordwestlich vom Dorfe Verl und grenzt im Süden an Gemeinde Bornholte und Varensell, im Westen an Spexard und Sundern, im Norden an Avenwedde und im Osten an Sende und Dorf Verl. Die Gemeinde Verl wird vom Oelbache und Dalbkebache bespült. Sie ist seit 1770 als eigene Schulgemeinde bekannt. Der erste Lehrer dieser Gemeinde hieß Joseph Rempe, mit dem Beinamen Rullherr. Derselbe wallfahrtete alle Jahre einmal nach Rulle bei Osnabrück; daher der Name Rullherr. Er hielt Schule bei Tönsfeuerborn und Großebrummel, also hatte er eine Wanderschule. Damals wurde in einer gewöhnlichen Familien-Wohnstube Schule gehalten. Der Lehrer soll beim Unterrichten sehr fleißig gesponnen haben. Joseph Rempe war von 1770 bis 1800 Lehrer in hiesiger Gemeinde. Nach ihm folgte sein Sohn Heinrich Rempe von 1800 – 1851. Derselbe hielt ebenfalls bis 1812 Schule bei Tönsfeuerborn und Großebrummel. 1812 wurde die sogenannte Brummelsche Schule auf Hülshorstsche Grundstücke gebaut, an den sogenannten Hemkento- 9 kraxschen Fienkamp, und die Schule bei Großebrummel ging ein. 1837 wurde dieselbe wieder umgebaut auf die sogenannte Kleinebrummels-Heide. Heinrich Rempe feierte 1850 sein 50jähriges Dienstjubiläum und starb im August 1851. Ihm folgte sein Sohn Conrad Rempe. Derselbe starb 1852 am schwarzen Nervenfieber. Nach ihm verwaltete der Schulamts-Candidat Cottmann aus Steinhausen bei Büren die Stelle bis 1853. 1853 wurde die Stelle dem Lehrer Heinrich Adrian aus Bornholte übertragen. Weil die Lehrerwohnung sehr klein war, so wohnte der Lehrer bei Hammann auf der Hülshorst. 1857 wurde eine Lehrerwohnung auf die Sürenheide gebaut, die der Lehrer im Herbste 1857 bezog. Die Brummelsche Wanderschule ging 1857 ein. Heinrich Adrian verwaltete die Schulstelle von 1853 bis 1873. Am 21ten Juli 1873 wurde ich (Conrad Adrian aus Bornholte) von der Königlichen Hochlöblichen Regierung an hiesiger Schule als Lehrer angestellt und wurde von Pfarrer Kleine zu Verl hier in das neue Amt eingeführt. Am 2ten September war die Sedanfeier. Die Kinder versammelten sich des morgens um 9 Uhr im Schulzimmer. Die Feier wurde mit Gesang eingeleitet; dann wurde den Kindern die Bedeutung des Tages warm ans Herz gelegt. Auch machten die Kinder einige Turnspiele und zum Schlusse wurden einige Hoch auf Sr. Majestät des Kaisers ausgebracht. 1874 Am 21ten März war die Geburtsfeier Sr. Majestät des Kaisers. Die Kinder versammelten sich um 9 Uhr im Schulzimmer. Die Feier wurde mit Gesang eingeleitet. Es wurde mit den Kindern über die Bedeutung des Tages gesprochen und zum Schlusse wurden einige Hoch 10 auf Sr. Majestät des Kaisers ausgebracht. Am 8ten Juli machten die Schulkinder einen Spaziergang in die Waldung Holte. Juli 13ten war Schulprüfung in der Schule zu Bornholte; daher wurde hier der Unterricht ausgesetzt. Am 17ten Juli war Schulprüfung in der Schule Verl; daher wurde hier der Unterricht ausgesetzt. Am 27ten war Schulprüfung in der Schule Brisse bei Sende; daher wurde hier der Unterricht ausgesetzt. Am 3ten August war Schulprüfung in der Schule bei Elbracht; daher wurde hier der Unterricht ausgesetzt. Am 2ten September war Sedanfeier. Zuerst war die gewöhnliche innere Schulfeier. Später machten die Kinder einen Spaziergang nach Verl. Unterwegs und im Dorfe wurden ein paar patriotische Lieder gesungen. Die Kinder bekamen Weißbrod und Bier. Zum Schlusse wurden mehrere Hoch auf Sr. Majestät des Kaisers ausgebracht. Am 21ten November wurde im Schulzimmer ein neuer Ofen aufgestellt; daher mußte der Unterricht für den Tag ausgesetzt werden. Am 1ten December war Lehrer-Conferenz in Verl. Der Herr Schulinspektor Laning aus Kaunitz war Vorsitzender. 1875 Januar 23ten wurde der College Lehrer Cottmann in Westerwiehe beerdigt, daher ist der Unterricht ausgesetzt. 20ten März war die Geburtstasgsfeier Sr. Majestät des Kaisers. Die Feier fand in der gewöhnlichen Weise statt. Am 18ten März wurden die 14jährigen Kinder aus der Oberklasse entlassen. Am 14ten Juni war Lehrer Conferenz in Wiedenbrück, wobei der Herr Kreisschulinspektor Dr. Flügel den Vorsitz hatte. Juli 9ten machten die Kinder einen Spaziergang in die Waldung Holte. Juli 15ten war das Jubelfest des 50jährigen Bestehens des Lehrer- 11 Seminars zu Büren. Der Unterricht wurde mit Genehmigung der Königlichen Regierung am 13, 14, 15 ten Juli ausgesetzt. Juli 22ten besuchte Herr Kreisschulinspektor Dr. Flügel aus Wiedenbrück die hiesige Schule. September 2ten Sedanfeier. Die Kinder versammelten sich um 9 Uhr morgens in der Schule. Es fand die Feier in der gewöhnlichen Weise statt. 1876 Am 10ten März fielen die beiden letzten Stunden des VormittagsUnterrichts zur Feier des hundertjährigen Geburtstags der Königin Louise aus. März 22ten Geburtstagsfeier Sr. Majestät des Kaisers. Die Kinder versammelten sich um 9 Uhr morgens in der Schule. Die Feier fand in der gewöhnlichen Weise statt. März 29ten war Lehrer-Conferenz in Wiedenbrück. Der Herr Kreisschulinspektor Dr. Flügel war Vorsitzender. Am 5ten April besuchte Herr Kreisschulinspektor Dr. Flügel die hiesige Schule und prüfte die zu Ostern entlassenen Kinder. Am 12ten April wurden 19 Kinder nach beendigter Schulpflichtigkeit der Schule entlassen. Am 20ten Juli war Lehrer-Conferenz in Wiedenbrück. Der Herr Kreisschulinspektor Dr. Flügel war Vorsitzender. Am 2ten September Sedanfeier. Die Kinder versammelten sich um 12 Uhr mittags in der Schule. Zuerst fand die innere Schulfeier statt. Nachher machten die Kinder einen Spaziergang nach Verl. Von Seiten der Gemeinde wurden den Kindern für Bier und Semmeln 15 Mk bewilligt. 1877 Am 13ten März besuchte Herr Kreisschulinspektor Dr. Flügel die hiesige Schule. 12 Am 22ten März war der 80. Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers. Die Feier wurde mit Gesang und Vortrag begonnen. Dann wurden einige Spiele und ein Spaziergang gemacht, wobei einige Hoch auf Sr. Majestät des Kaisers ausgebracht wurden. Die Kinder in der Oberklasse bekamen als Festgeschenk kleine Hefte: Wilhelm, deutscher Kaiser und König von Preußen; die Kinder in der Unterklasse bekamen kleine Bilder (die Abbildung des Kaisers). Am Schlusse der Feier bekam jedes Kind ein Stück Semmel. Am 24ten März war in Neuenkirchen Lehrer-Versammlung wegen WitwenKassen Angelegenheiten. Vorsitzender war Herr Amtmann Duwe in Rietberg. Am 28ten März wurden 18 Kinder nach beendigter Schulpflicht aus der Schule entlassen. Am 4ten April wurden die neu schulpflichtig gewordenen Kinder in die Unterklasse aufgenommen. Am 16ten April war Lehrer-Conferenz in Rheda. Der Kreisschulinspektor Dr. Flügel war Vorsitzender. Am 21ten April besuchte Herr Ober-Regierungsrat von Schierstedt aus Minden in Begleitung des Herrn Kreisschulinspektors Dr. Flügel und des Herrn Landrats Schmitz aus Wiedenbrück die hiesige Unterklasse. Am 6ten Juli war ein sehr schweres Gewitter; es fehlten daher die Hälfte der Schulkinder. Am 1ten September war die Sedanfeier. Die Kinder versammelten sich des morgens um 9 Uhr im Schulzimmer. Die Feier wurde mit Gesang und Vortrag begonnen; dann wurden mehrere Hoch auf Sr. Majestät des Kaisers ausgebracht. Später machten die Kinder mehrere Turnspiele auf 13 dem Schulplatze; womit die Feier am 1ten September beschlossen wurde. Am 2ten September (Sonntag) versammelten sich die Kinder mittags 1 Uhr wieder im Schulzimmer, von wo aus sie im feierlichen Zuge mit Fahne und Stäben nach Verl marschierten und einen Zug durchs Dorf machten. Die Kinder bekamen Semmel und Bier. Nachdem nun die Kinder sich einige Stunden durch Spiele erfreut hatten, marschierten sie im Gliede wieder zur Schule. 1878 Am 2ten März wurde die Schülerin Buschmann Anna Maria beerdigt. Am 22ten März war der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers. Die Kinder versammelten sich des morgens um 9 Uhr in der Schule. Die Feier wurde mit Gesang und Vortrag begonnen; dann wurden einige Turnspiele und ein Spaziergang gemacht, wobei einige Hoch auf Sr. Majestät des Kaisers ausgebracht wurden. Am 4ten April war Lehrer-Conferenz in Rheda. Der Herr Kreisschulinspektor Dr. Flügel war Vorsitzender. April 10ten. Heute besuchte der Herr Kreisschulinspektor die hiesige Schule und prüfte die Kinder, welche entlassen werden sollten. Am 17ten April wurden 13 Kinder aus der Oberklasse nach beendigter Schulpflichtigkeit der Schule entlassen. Mai 11ten: Ein ruchloser Bösewicht, namens Hödel, versuchte in der Lindenstraße in Berlin ein Attenthat durch Revolferschuß auf Sr. Majestät des Kaisers. Das Vorhaben des Bösewichts konnte nicht ausgeführt werden, weil die Hand Gottes den grauen Heldenkaiser beschützte. Der freche Attenthäter ist der Strafe nicht entgangen; er wurde enthauptet. Kaum waren 3 Wochen vergangen und der Heldenkaiser hatte sich von dem großen Schrecken erholt, da wagte schon wieder ein anderer Bösewicht, namens Nobeling, ein zweites Attenthat auf Sr. Majestät 14 des Kaisers auszuüben. Auch diesmal wurde das Haupt des Kaisers von der Hand Gottes beschützt. Der Tod hat den Attenthäter seiner Strafe entrissen. Mai 28ten (Wilhelmstag) Heute wurden in der Schule einige Gebete verrichtet sowie einige Danklieder gesungen, zum Zeichen der Freude, daß Sr. Majestät der Kaiser aus der zweimaligen Lebensgefahr der Mörderhände gerettet ist. Vom 27ten Juli bis 19ten August waren Ferien. September 2ten Sedanfeier. Erst war die innere Schulfeier, danach wurde im feierlichen Zuge zum Dorfe marschiert. Am 26ten September war Lehrer-Conferenz in Rheda. Bei derselben waren zugegen der Herr Regierungsrat-Präsident von Eichhorn und der Herr Schulrat Dr. Cyriaci Wantrup aus Minden. Am 28ten September besuchten Herr Schulrat Dr. Cyriaci Wantrup, Herr Kreisschulinspektor Dr. Flügel und Herr Amtmann Rohden die hiesige Schule. 1879 März 22ten Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers . Die Kinder versammeln sich des Morgens 9 Uhr in der Schule. Die Feier wurde mit Gesang und Vortrag begonnen. Danach wurden im Freien einige Turnspiele gemacht. Nachher wurden im Schulzimmer noch einige Lieder gesungen, wobei einige Hoch auf Sr. Majestät des Kaisers ausgebracht wurden. April 9ten. Heute wurden 24 Kinder aus der Oberklasse nach beendigter Schulpflichtigkeit der Schule entlassen. Mai 9ten sind 40 Kinder aus hiesiger Schule der Dorfschule überwiesen. Juni 11ten feierte Sr. Majestät der Kaiser und Kaiserin die goldene 15 Hochzeit. Der Tag ist gefeiert wie der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers. Juni 24ten war Lehrer-Conferenz in Rheda. Der Herr Kreisschulinspektor Dr. Flügel war Vorsitzender. Bei derselben war zugegen der Schulrat Hielscher aus Minden. Juni 26ten besuchte Herr Schulrat Hielscher aus Minden, Herr Kreisschulinspektor Dr. Flügel und Herr Amtmann Rohden die hiesige Schule. Vom 27ten Juli bis zum 18 August waren Ferien. September 2ten Sedanfeier. Die Kinder versammelten sich um 9 Uhr Morgens im Schulzimmer. Die Feier wurde mit Gesang und Vortrag begonnen. Später wurden Turnspiele gemacht und zum Schlusse wurden einige Hoch auf Sr. Majestät des Kaisers ausgebracht. Vom 29ten September bis zum 20 . October waren Ferien. Am 27ten September wurden 3 Kinder aus der Oberklasse nach beendigter Schulpflichtigkeit der Schule entlassen. 1880 März 20ten wurde Sr. Majestät Kaisers Geburtstag gefeiert. Die Kinder versammelten sich 8 Uhr Morgens im Schulzimmer. Die Feier wurde mit Gesang und Vortrag eingeleitet. Später machten die Kinder Spiele und zum Schlusse wurden einige Hoch auf Sr. Majestät des Kaisers ausgebracht. Von Seiten der Gemeinde wurde zur Feier für die Kinder nichts bewilligt, wogegen für die Dorfschule etwas bewilligt wurde. Da die Gemeinde und das Dorf jetzt eine Schulklasse bildet, so finde ich für die Gemeinde-Schule eine Benachteiligung resp. eine Zurücksetzung darin, was nicht vorkommen sollte. März 24ten wurden 12 Kinder aus der Oberklasse nach beendigter 16 Schulpflichtigkeit der Schule entlassen. _______________ 1898 Der Lehrer Konrad Adrian, welcher die Chronik hiesiger Schule begonnen und bis hier geführt hat, starb am 26. Juli 1898 infolge eines Herzleidens. Mit der einstweiligen Verwaltung der Schulstelle wur- de der Schulamtsbewerber Karl Schafmeister aus Rimbeck, Kreis Warburg, beauftragt. Derselbe unter- richtete hierselbst jedoch nur an den beiden ersten Tagen nach den Sommerferien, da er vom 16. August ab in Wesel seiner Militärpflicht genügen mußte. Am letztgenannten Tage wurde ich (Schulamtsbewer- ber Hermann Wagner aus Wiedenbrück) dessen Nachfolger durch Verfügung der königlichen Regie- rung zu Minden vom 6. Oktober 1898 J. Nr. 2593 II N. wurde ich am 1. November provisorisch angestellt. Am 8. November prüfte der Herr Regierungs- und Schulrat Vandenesch aus Minden im Beisein des Herrn Kreisschulinspektors Rasche aus Wiedenbrück die Oberklasse der hiesigen Schule. Zwei Tage später wurde der Lehrer durch den Herrn Ortsschulinspek- tor und Domkapitular Kühlmann zu Verl im Beisein des Schulvorstandes vereidigt. 1899 Im Anfang des Jahres wurden 13 a Heideboden gelegen an der nordöstlichen Grenze der Schulgrund- stücke, an Meier Jacobfeuerborn hierselbst verkauft. Der für diese Bodenfläche erzielte Betrag von 75 M soll zur Verbesserung der übrigen Schulgrundstücke, deren Größe jetzt noch 3 ha 0 a 29 qm beträgt, ver- wendet werden. 17 Vom 15. August bis zum 25. Oktober war der Lehrer beim Militär in Paderborn. Während dieser Zeit wurde er durch die Lehrerin Maria Espenkötter aus Brock bei Rheda vertreten. Am 22. Dezember fand die durch Verfügung vom 13. Dezember angeordnete Feier der Jahrhundertwen- de statt. 1900 Der Herr Kreisschulinspektor Rasche wurde zu Beginn des Jahres zum Schulrat ernannt. Am 5. Mai wurden die Kinder auf die am folgen- den Tage stattfindende Großjährigkeitserklärung unseres Kronprinzen Wilhelm aufmerksam gemacht. Mitte Mai wurden rund 1 ha 25 a Heideboden der Schulgrundstücke mittels eines Dampfpfluges umgepflügt. Im Juni wurde eine Wand der sehr feuchten Lehrerwohnung trockengelegt. In der Zeit vom 16. August bis zum 26. September 1900 war der Lehrer wieder beim Militär. Da derselbe keine Vertretung erhielt, hatten die Kinder einschließlich der 14tägigen Sommer- und ebensolangen Herbstferien im ganzen 10 Wochen hindurch keinen Unterricht. Am 26. Oktober besuchten die Herren Schulräte Vandenesch und Rasche die Schule zu Sürenheide. Ersterer starb genau einen Monat später auf einer Revisionsreise zwischen Altenbeken und Driburg. Schulblätter nannten den Verstorbenen ei- nen edlen, warmherzigen Schul- und Lehrerfreund. Im Dezember 1900 wurde bei hiesiger Schule ein neuer, 16,50 m tiefer Brunnen gebohrt, weil das Wasser des seither benutzten Brunnens gesundheits- schädlich ist. 18 1901 Am 18. Januar fand in der Schule hierselbst aus Anlaß des zweihundertjährigen Bestehens des Königreiches Preußen eine patriotische Feier statt. Gesehen. Verl 10. December 1901. F v. Kühlmann, Ortsschulinspector i. J. 1902 Im Anfang dieses Jahres wurde bei der Schule ein 17 m tiefer Brunnen gebohrt. Derselbe liegt in der Nähe des seitlichen Einganges der Lehrerwoh- nung. Auch wurde eine neue Pumpe beschafft. Im Sommer wurde ein Blitzableiter mit den Auffangestangen angelegt. Der Herr Schulrat Rasche in Wiedenbrück wurde in den Sommermonaten durch den Herrn Ortsschul- inspektor, Domkapitular Kühlmann zu Verl vertreten. 1903 Am 13. Januar d. J. prüfte der Herr Regierungs- rat Dr. Loegel aus Minden die zweite Klasse hie- siger Schule. Das Schulzimmer wurde im Anfang des Jahres mit neuen Bänken ausgestattet. Am 1. Oktober d. J. wurde der Ortsschulinspektor, Herr Domkapitular Kühlmann zu Verl wieder Kreisschulinspektor i. V. Am 30. November fand in Wiedenbrück eine Ab- schiedsfeier zu Ehren des aus dem Amt scheiden- den Kreisschulinspektors Herrn Schulrats Rasche statt. Der Lehrer Heinrich Adrian, welcher die Schul- stelle auf der Sürenheide zwanzig Jahre lang (1853-1873) verwaltete, starb am 3. Dezember zu Bornholte. 1904 Gleich zu Anfang dieses Jahres starb der Schulrat und Kreisschulinspektor Heinrich Rasche. Seine Beerdigung fand am 5. Januar in Wiedenbrück 19 statt. Über 21 Jahre (1882-1903) hat er sein Amt im Kreise Wiedenbrück und in den nördlichen Krei- sen unseres Regierungsbezirks verwaltet. Im Ruhestand hatte er nur noch 5 Wochen. Sein Nachfolger wurde am 1. März d. J. der Herr Rektor Johannes Ries aus Limburg an der Lahn. Ich, Lehrer Hermann Wagner, habe zum 1. Apr. d. J. eine Lehrerstelle an der städtischen Rekto- ratschule zu Erwitte, Kreis Lippstadt, zu überneh- men. Ich bin an hiesiger Schule 5 Jahre 8 Mona- te tätig gewesen. Durch Verfügung der königlichen Regierung zu Minden vom 23.III.1904 J. No 499.II.N. wurde ich, Schulamtsbewerber Anton Auge zum 1. April d. J. zur Verwaltung der hie- sigen Schulstelle berufen und am 14. April durch den Ortsschulinspektor Herrn Domkapitular Kühlmann zu Verl eingeführt und ver- eidigt. Die Schülerzahl stieg zu Anfang des neuen Schuljahres auf 129. Gegen Ende des Jahres beschloß deshalb der Schul- vorstand den Neubau von zwei Schulen. 1905 Es wurden deshalb je 75 a Grundstücke von dem Meier Jacobfeuerborn und dem Stellmacher Stickling (bedingungsweise) gekauft. Ostern wurden mit Genehmigung der Königlichen Regierung 11 Varenseller Kinder, welche bis dahin die die hiesige Schule besuchten, in die Schulen ihrer Gemeinde überwiesen. 20 Am 5. Mai fand aus Anlaß des hundert- jährigen Todestages des Dichters Schiller eine Schulfeier statt. Am 14. Dezember besichtigten Mitglieder der Bauabteilung der Königlichen Regierung das Schulgebäude. Am 30. Oktober prüfte der Herr Regierungsrat Dr. Robels die II. Klasse. 1906 Am 27. Februar fand aus Anlaß der silbernen Hochzeit des Kaiserpaares und der Vermäh- lung des Prinzen Eitel Friedrich eine Schulfeier statt. Am 22. Februar prüfte Herr Kreisschul- inspektor Ries beide Klassen. Am Anfang des Schuljahres betrug die Schü- lerzahl 117. Davon war Herbst 1905 ein Kind entlassen. Ostern wurden 4 Kinder entlassen, dagegen 19 in die Unterklasse aufgenommen, sodaß die Schülerzahl auf 131 stieg. Von diesen gehören der Ober- klasse 88, der Unterklasse 43 Kinder an. Da die vorhandenen 16 Schulbänke für die Kinderzahl der 1. Klasse nicht ausreichten, wurden zu Ostern auch 2 neue Schulbänke beschafft, sodaß sich also jetzt 88 Kinder auf 18 Bänke verteilen müssen. ges. 18.12.06 Ries Zu Beginn der Herbstferien wurden 4 Kinder (3 Knaben und 1 Mädchen) nach beendigter Schulpflichtigkeit entlassen. Außerdem waren 7 Kinder zu anderen Schulen abgegangen, sodaß nun die Schü- lerzahl der Oberklasse 81, der Unterklasse 40, in Summa 121 betrug. 21 Gleich zu Anfang der Herbstferien brachen in der Gemeinde die Masern aus, an denen nach und nach fast alle Schulkinder erkrankten. Die größte Zahl der Erkrankungen fiel zum Glück für den Unterricht in die Ferien. Am ersten Schultage nach denselben fehlten noch ungefähr 25 % der Kinder. Bösartige Fälle kamen nicht vor. Am 18. Dezember prüfte Herr Kreis- schulinspektor Ries die I. Klasse. 1907 Zu Ostern dieses Jahres wurden 22 Kinder nach beendigter Schulpflichtigkeit ent- lassen und 30 Kinder neu aufgenommen. Die Höhe dieser Zahlen erklärt sich aus der Änderung der Schulbesuchs-Ordnung. Die Gesamtzahl der Schüler betrug zu Anfang des Schuljahres 129, wovon auf die Ober- Klasse 80, auf die Unterklasse 49 entfielen. Vom 29. April – 4. Mai fiel der Unterricht aus, weil der Lehrer seine 2. Prüfung ablegte. Kurz nach den Pfingstferien, vom 27. Mai bis zum 13. Juni einschließlich, mußte der Lehrer wegen Krankheit den Unterricht aussetzen. In der letzten Hälfte dieser Zeit wurde die Schule durch Herrn Lehrer Stratmann aus Verl mitverwaltet. Der- selbe unterrichtete hier jedoch nur an 3 Tagen, je 4 Stunden. ges. 27.6.07 Ries 22 Am 27. Juni prüfte Herr Kreisschulinspektor Ries die I. Klasse. Am 24. Juni fand die diesjährige Kreislehrerkonferenz statt. Auf derselben wurde eine Lehrprobe über Deutsch-Ostafrika gehalten. Daran schloß sich ein Vortrag über die Behandlung der deutschen Kolonien in der Volksschule. Am 12. September prüfte der Herr KreisSchulinspektor die II. Klasse. Am 15. Oktober fand unter Vorsitz des Herrn Kreisschulinspektors eine Bezirkskonferenz in Gütersloh statt, zu der auch der Herr Regierungsrat Dr. Robels erschienen war. In einer Lehrprobe wurde das Gedicht „Der reichste Fürst“ behandelt. Darauf folgte ein Vortrag über die Fürsorge für die schulentlassene weibliche Jugend. Anfangs Oktober wurde auf Antrag des Lehrers für die Lehrerwohnung ein neuer Ofen beschafft. Am 31. März 1908 wurden 13 Kinder nach beendigter Schulpflichtigkeit entlassen. _________________ Schuljahr 1908/09 Ostern wurden 17 Kinder in die Unterklasse aufgenommen. Die Schülerzahl betrug danach 128. (Unterklasse 51, Oberklasse 77). Am 29. April wurde zu Gütersloh eine Bezirkskonferenz abgehalten unter dem Vorsitze des Herrn Kreisschulinspektors Ries. In der Mädchen- 23 Oberklasse wurde die Silbentrennung in einer Lehrprobebe behandelt und ein Diktat angefertigt. Daran schloß sich die Besprechung der Lehrprobe. Es folgte noch die Bekanntgabe einiger Regierungsverfügungen und Besprechungen über Schulbesuchsordnung, Pausenverteilung, Beurlaubungen, Schul- ordnung u. m. a. ges. 16.6.08 Ries (weitere Eintragungen über die Schule siehe unten unter Abschnitt II) 1911 Bei der vom 28. November d. J. im hiesigen Gemeindebezirk vorgenommen- en Gemeindeverordnetenwahl bzw. Ersatzwahl sind folgende Personen zu Gemeindeverordneten gewählt: In der 1. Abteilung Gutsbesitzer Alois Wester-Ebbinghaus, in der 2. Abteilung Gutsbesitzer Johann Hammann, in der 3. Abteilung Schmiede- meister Herm. Hülshorst. Nach der diesjährigen Personen- standsaufnahme beträgt die Einwohner- zahl der Gemeinde Verl 1878, Born- holte 1784, Sende 2506, Liemke 2518, Oesterwiehe 1322. Die Bevölkerungsziffer 24 des Amtes Verl ist also nunmehr auf ins- gesamt 10 008 gestiegen. Das Dorf Verl erhielt in diesem Jahr elektrisches Licht. Der Strom zu Kraft und Licht liefert die hiesige Holzschuhfabrik Firma Tausch u. Ko. Die Besitzung des Meiers Ja- kobfeuerborn gt. Klasbrummel in un- mittelbarer Nähe hiesiger Schule in der Größe von 50 Morgen ging durch Kauf in den Besitz der Herren Blankemeier, Kampwirth und Rastrup hierselbst über. 1912 Das Amtsgebäude, Wohnhaus des Amtmanns Rhoden, ging im Werte von 25 000 M in den Besitz des Amtes Verl über. Da sich die Bureau- räumlichkeiten zu klein erweisen, er- hält das Gebäude einen Anbau. ges. 6.5.12 Ries Herr Gutsbesitzer Joh. Hammann verkaufte sein Gut Hülshorst, Verl Nr. 40, an die Gesellschaft Wenzelin und Gold- stein, Hannover. In der von der 2. Wahlabteilung vorgenommenen Ersatzwahl der Gemein- deverordneten am 5. Oktober d. J. wurde 25 an Stelle des nach Münster verzogenen Gutsbesitzers Joh. Hammann Herr Heinz Schröder Verl gewählt. Vom 10. bis 24. November d. Js. hielten drei Franziskanerpatres in un- serer altehrwürdigen Pfarrkirche eine Volksmission ab. Wegen der großen Ausdehnung der Pfarre war eine Tren- nung in der Weise nötig, daß die Mission in den ersten acht Tagen für die Frauen und Jungfrauen, in der zweiten Woche für die Män- ner und Jünglinge stattfand. Am 15. November vollendete in großer geistiger und körperlicher Frische unser verehrter Herr Ortsschulinspektor Domkapitular Ferdinand Kühl- mann sein 70. Lebensjahr. ges. 20.1.13 Ries 1913 Wegen der beschränkten Raum- verhältnisse in der Pfarrkirche wurde die gewohnte Gottesdienstordnung an den Sonntagen geändert. Bisher waren um 6 und 6 ½ Uhr hl. Messen und um 10 Uhr das Hochamt. Nun ist um 6 Uhr die erste hl. Messe, um 8 Uhr hl. Messe mit kurzer Predigt und um 10 Uhr das Hochamt. Die 8 Uhr-Messe ist hauptsächlich für die Schulkinder bestimmt. 26 Am 13. Oktober traf der hochwür- digste Herr Weihbischof Hähling von Lan- zenauer auf seiner Firmungsreise hier ein, um mehr als 1300 Firmlingen das hl. Sakrament der Firmung zu spenden. Wegen der großen Zahl wurde das hl. Sakra- ment an zwei Tagen gespendet und zwar am 14. Oktober den Schulkindern und am folgenden Tage den übrigen Firmlingen. Nach der letzten Personenstandsauf- nahme hat die Einwohnerzahl unserer Gemein- de die Zahl 2000 überschritten. In der von der ersten Wahlabteilung vorgenommenen Ersatzwahl der Gemeinde- verordneten wurden die ausscheidenden Mitglieder, die Herren Kaufmann Heinz Wösthenke und Kaufmann Hoppe wie- dergewählt. Der 89 jährige Kötter Jos. Erdbories, der als urkomischer Einsiedler und als ältester Kulturpionier der Sürenheide be- kannt ist, wird vom Schicksal verfolgt. Nachdem ihm im Sommer ein größerer Kie- fernbestand durch Feuer vernichtet wurde brannte ihm im Herbst auch sein Wohn- haus nieder, das er sich in seinen alten Tagen mühsam selbst erbaut hatte. 27 Kurze Zeit darauf brannte auch das Hauptgebäude des Kolons Brummel in der Nähe dieser Schule. Der Schaden konnte nur teilweise durch die Versicherung gedeckt wer- den. Seit Anfang August d. Jahres werden im Amte Verl Gefangene mit der Kulti- vierung von Ödland, Wegebauten, Fluß- regulierungen und anderen Arbeiten be- schäftigt. Ungefähr 30 Sträflinge aus dem Gefängnis in Bochum begannen ihre Tätigkeit mit der Regulierung des Ölbaches in der Nähe dieser Schule. 1914 Mit Beginn des neuen Jahres traten in den Gemeinden des Amtes Verl ländl. Fortbildungsschulen ins Leben. Die Pflicht des Besuches gilt für alle im Gemeinde- bezirk wohnenden oder dort nicht nur vorübergehend beschäftigten männlichen Personen für zwei aufeinanderfolgende Winterhalbjahre, also von 14. – 16. Jahre. Der Unterricht findet in Verl in der Dorfschule, in Bornholte in Schule I und in Sende in der Brandschule statt jeden Mittwoch und Samstag Nachmittag von 2 bis 4 ½ Uhr. Unterrichtsgegenstände sind Religion, Natur- und Bürgerkunde, Deutsch und Rechnen. Zum Schulvorstand gehören als ständige Mitglieder der Amtmann, der Pfarrer, der Gemeindevorsteher und der Leiter der Fortbildungsschule. ges. 3.3.14 Ries 28 Gegen Anfang März d. J. begann in Verl ein 8 wöchiger Kursus der Wanderhaus- haltungsschule des Kreises Wiedenbrück, an dem eine große Anzahl junger Mädchen teilnimmt. Auf Verlangen der bischöflichen Behörde wird von Ostern an den Sonntags-Nachmit- tags in der Schule auf der Sürenheide und in Bornholte I christlicher Unterricht und Andacht abgehalten. 1921 Nach dem Ministerialerlaß vom 12. Jan. 1921 müssen den Schulvorständen ebensoviele Lehrper- sonen wie andere Gemeindemitglieder ange- hören. Von den hiesigen Lehrpersonen wurden deshalb in den Schulvorstand gewählt: 1. Herr Hauptlehrer Stratmann, Verl-Dorf, Frl. Lehrerin Espenkötter, Verl-Dorf, Frl. Mikus, Verl-Dorf, Herr Lehrer Auge, Verl-Widei, Herr Lehrer Niehaus, Verl-Süren- heide. 14./9.21 Andree 1922 Der Herr Domkapitular Pfarrer Ferd. Kühlmann feierte sein 50jähriges Ortsjubiläum als Pfarrer in Verl. Zu seiner Ehre wurde ein Fackelzug veranstaltet. Am Jubiläumstage fand ein Festessen statt. 14./9.21 Andree 1923 Dank der rastlosen Tätigkeit der hiesigen Vereine, namentlich des Verler Kriegervereins war die Ge- meinde in der Lage, den gefallenen Kriegern des Amtes Verl zu Ehren ein stattliches Denkmal auf dem alten Friedhof zu errichten. Zur Enthül- lungsfeier war auch der Herr Landrat Klein aus Wiedenbrück erschienen. Die Festrede hielt Herr Lehrer 29 Meurin, Bornholte, als Vorsitzender der Vereinsaus- schüsse. Eine anschließende Feier fand in der Schützen- halle statt. Die Kosten des Denkmals sind durch freiwillige Spenden, Sammlungen u. s. w. auf- gebracht worden. 1924 Am 18. September fand auf dem Platz vor der Schützenhalle zum erstenmale ein gemein- sames Sportfest aller Schulen des Amtes Verl statt. Weit über tausend Schüler waren zusammenge- kommen, als Herr Hauptlehrer Uphoff-Sende, als Vorsitzender des Amtslehrervereins um 9 Uhr morgens das Sportfest eröffnete und die erschiene- nen Gäste herzlich begrüßte. Von Vertretern der Behörde waren Herr Landrat Klein, Herr Schulrat Andree, Herr Amtmann Runte, Herr Domkapitu- lar Kühlmann und Herr Pfarrer Fröhling an- wesend. Zuerst fand der Wettkampf um das vom Amt gestiftete seidene Banner statt. Den Wanderpreis erhielt nach heißem Kampf die Schule Kaunitz. Ihre vier besten Schüler hatten in Drei- kampf 279 Punkte. Die beste Leistung im 100m- Lauf war 15 Sek., im Weitsprung 4,20 m, im Weitwurf 52 m. Alsdann fanden teils in der Halle, teils auf dem grünen Rasen Mädchen- reigen statt. Wirklich vorzügliches leisteten die Mädchen der Schule Eckardtsheim. Im Stafetten- lauf erzielte die Schule Verl mit 62 Sekunden die beste Leistung. Das vom Lehrerverein gestiftete seidene Banner erhielt als Wanderpreis im Schlagball-Wettkampf die Schule Sende-Elbracht. Gegen 2 Uhr fand die Preisverleihung statt. Von den Schülern dieser Schule erzielten Herm. Venne 66 Punkte, Otto Meier-to-Berens 56, Heinr. Kosfeld 51, Bernh. Kleine- langhorst 51, Konr. Westerbarkei 47, Alfons Ganzer 45, Jos. Ganzer 44 Punkte. Herm. Venne tat den größten Weitwurf 52 m. Er erhielt als bester Turner der Schule einen Eichenkranz und eine „Ehren-Urkun- de“ 30 vom Reichspräsidenten Ebert, dem Ehrenförderer der Reichsjugendwettkämpfe. Mit dem Beginn des neuen Schuljahres wurde auch die gewerbliche Fortbildungsschule in Verl wieder eröffnet, nachdem der Unterrichtsbe- trieb nahezu 2 Jahre geruht hatte. Den Unterricht er- teilen Herr Lehrer Gerwin – Verl Dorf in Fachkunde, Fachzeichnen und Fachrechnen, in den anderen Fächern Herr Lehrer Greiser – Oesterwiehe und Niehaus, Verl, Sürenheide. Die Schule ist jetzt 3-klassig. 23.1.25 Andree 1926 Im Juli dieses Jahres wurden die Jugend- wettkämpfe der Schulen des Amtes Verl auf dem neuen Sportplatz an der Birkenallee ausge- tragen. Den Wanderpreis im Dreikampf erhielt die Schule Eckardsheim, das Banner in Schlagballspiel die Schule Liemke II. Das Amt Verl hatte den Schülern ein Faß Limonade ge- stiftet. Die Leistungen im Dreikampf waren im ganzen größer als im vorigen Jahr. Zum 1. August dieses Jahres ist Herr Lehrer Gerwin von der Schule Verl (Dorf) nach Liemke II versetzt worden. Er behält jedoch noch vorläufig die Leitung der gewerblichen Berufsschule in Verl. Sein Vertreter an der Verler Dorfschule ist der Jung- lehrer Herr Westerbarkey aus Gütersloh. Am 1. Oktober trat der Herr Hauptlehrer Stratmann in den Ruhestand. Er hat 38 Jahre an der Dorfschule in Verl gewirkt. Am Abend des letzten Schultages brachten ihm seine ehemaligen Schüler einen imposanten Fackelzug. Die offizielle Ab- schiedsfeier fand am Mittwoch, den 20. Oktober im 31 Saale des Herrn Gastwirts Klasbrummel statt. An der Feier nahmen teil der Amtslehrerverein, der Herr Amtmann Runte, die Gemeindevertretung, der Schul- vorstand, die Geistlichkeit des Dorfes und der Herr Land- rat Klein aus Wiedenbrück. Als Anerkennung seiner Verdienste stiftete ihm die dankbare Gemeinde und die ehemaligen Schüler je einen Ledersessel, der Amts- lehrerverein einen Rauchtisch. Der Herr Kreisschul- rat war durch Krankheit an der Teilnahme ver- hindert. Als Vertreter des in den Ruhestand versetzten Herrn Hauptlehrer Stratmann berief die Regierung zu Minden den Schulamtsbewerber Herrn Löffler aus Hildesheim. 5./3.27 Andree Am 1. Dezember 1926 trat unser hochver- dienter Herr Pfarrer und Domkapitular Kühlmann in den Ruhestand. Es war geradezu ergreifend, wie der Priestergreis am Sonntag zuvor seine Abschieds- predigt, mit den Tränen kämpfend, an seine Pfarr- kinder richtete. Am Vorabend des 1. Dezember wurde ihm zu Ehren von den Verler Bürgern und den hiesi- gen Vereinen ein glänzender Fackelzug aufge- führt. Im Anschluß daran hielt der Herr Landrat Klein die Festansprache. Am 1. Dezember fand das offizielle Festessen im Gasthaus Klasbrummel statt. Pfarrer und Domkapitular Kühlmann wurde am 15. Nov. 1842 im benachbarten Neuenkirchen als Sohn der Eheleute Heinr. Kühlmann und Katharina geb. Gassei geboren. Er besuchte die Volksschule zu Westerwie- he, dann das Progymnasium zu Rietberg und das Gymnasium zu Brilon. 1862 absolvierte er unter Be- freiung von der mündlichen Prüfung das Abiturienten- examen. Darauf bezog er die bischöfliche Lehranstalt in 32 Paderborn und trat im Frühjahr 1867 in das Priestersemi- nar ein. Am 14. August 1868 wurde er geweiht. Der Bischof Konrad Martin stellte ihn zunächst bei einem Jugendfreund, dem Pfarrer Hottenrot zu Dinklau bei Hildesheim, als Kooperator an. Diese Stelle be- hielt er bis zum 24. April 1871, von welchem Tage ab er zum Vikar in Verl ernannt wurde. In Verl lag von Anfang an fast die gesamte Last der Seelsorge auf seinen Schultern, da der siebzigjährige Pfarrer Kleine den Geschäften nicht mehr gewachsen war. Als dieser dann am 21. Mai 1882 starb und in der Kulturkampfzeit nicht sofort ein Nachfolger ernannt werden konnte, wurde der junge Vikar Kühlmann als einziger Geistlicher der großen Pfarre mit der vorläufigen Amtsführung beauftragt. Bis zum Jahr 1886 fungierte er so als Pfarrverweser, bis ihn der damalighe Patron der Kirche, der Grafschafts- besitzer Tenge, für die Pfarrstelle präsentierte. Durch den Herrn Dechanten Laning aus Kaunitz wurde Pfarrer Kühlmann am 7. Oktober 1886 in sein Amt eingeführt. Die Gemeinde veranstaltete damals eine großartige Feier. Dem unermüdlichen Eifer unseres Pfarrers in der Seelsorge ist von der kirchlichen Behörde die Anerkenn- ung nicht versagt geblieben. Ja, man kann wohl sagen, daß selten ein Dorfpfarrer so mit ehrenvollen Auszeichnungen bedacht worden ist wie er. Am 11. Nov. 1892 wurde er zum Dekanatsverweser und am 21. Dezember 1893 zum Landdechanten ernannt. Am 18. Mai 1894 wurde er zum Bezirkspräsidenten des kath. Erziehungsvereins für die Diözese Paderborn bestellt, und drei Jahre später präsentierte ihn Kaiser Wilh. II zum Ehrendomkapitular an der Kathedrale zu Pader- born. Bei Gelegenheit seines goldenen Priesterjubiläums am 14. August 1918 erhielt er den Titel „Geistlicher Rat“. 33 An weltlichen Orden wurden ihm der Rote Adler-Orden 4. Klasse, die Rote-Kranz-Medaille 3. Klasse, der König- liche Kronenorden 3. Klasse und das Verdienstkreuz für Kriegshilfe verliehen. Die Bewohner der weitverzweigten Gemeinde Sende verdanken ihm den Bau der Kapelle beim Wirt Elbracht-Hülseweh (1904). In Verl selbst setzte sich Herr Domkapitular Kühlmann für den Bau einer neuen Kaplanei ein. Mit besonderem Eifer aber betrieb er den Bau eines prächtigen Krankenhauses, dessen schlanker Turm hoch über die Eichen ringsum ragt. Auch für das Schulwesen war Herr Domkapitular Kühlmann tätig Von 1882 bis 1919 versah er den Posten des Ortsschulinspektors, wiederholt war er stellvertretender Kreisschulinspektor. 1927 Als Nachfolger des Herrn Domkapitulars Kühlmann ist der Pfarrer Häner von der bischöflichen Behörde zum Pfarrer in Verl er- nannt worden. Der Herr Kaplan Becker wurde in den Ruhestand versetzt. Er hat sich durch seine lang- jährige Tätigkeit als Seelsorger in Verl so be- liebt gemacht, daß der Gedanke, den Herrn Kaplan zu verlieren, Verl in Revolutionsstimmung versetzte. Verl verbessert sich. Die Dorfstraße wird gepflastert und kanalisiert. Fräulein Lehrerin Mikus von der hiesigen Dorfschule scheidet zum 1. Mai ds. Js. wegen ihrer Vermählung mit Herrn Lehrer Gerwin aus dem Schuldienste aus. 34 Im Laufe des Winters wurde die Schule mit einer elektrischen Lichtleitung versehen. Die Verzinsung und Amortisation der Anlage in den Wohnungen müssen die Stelleninhaber tragen. Die Fenster am Schulzimmer, die vollständig morsch waren, wurden zu Beginn des Winterhalbjahres 1928/29 durch neue ersetzt. Auch der Anstrich der Wände und Decken wurde erneuert. Der Winter 1928/29 stand im Zeichen andauernder Kälte mit Schnee. Die Frostperiode begann am 8. Dezember und dauerte bis weit in den März hinein: Die stärkste Kälte herrschte in der Woche vom 10. bis zum 16. Februar. Es wurden Temperaturen von 22 Grad Kälte gemessen. _______________ Schuljahr 1929/30 Auf dem kalten Winter folgte ein Sommer mit außergewöhnlicher Trockenheit. Abgesehen von wenig Gewitterregen im Juli und September herrschte andauernde Hitze und Trockenheit. Landregen fiel erst im Oktober. Die Ernte war trotzdem gut. Nur der Graswuchs in den Wiesen ließ zu wünschen übrig. Die Preise für Gras waren daher sehr hoch. Zu den Gemeindewahlen am 17. November 1929 waren in hiesiger Gemeinde sechs Wahlvorschläge eingereicht worden. Gewählt wurden folgende Vertreter: 1. Johann Junkerfeuerborn, Landwirt, Verl 50 2. Johann Buschmann, Maurer „ 37 3. Johann Tausch, Fabrikant „ 226 4. Wilhelm Raestrup, Kaufmann „ 11 5. Mickenbecker, Ferdinand, Tischler „ 286 6. Johann Adrian, Kolon „ 59 7. Hermann Siggemann, Arbeiter „ 241 8. Hermann Thiesbrummel, Arbeiter „ 297 1./ 4.30 Andree 35 Schuljahr 1931/32 Im Januar 1932 konnte die neue Chaussee von Verl Dorf – Sürenheide in Betrieb genommen werden. Die schlechte Wirtschaftslage gestattet es leider nicht, den Bau in Richtung Ruthmanns oder Strangmühle weiter durchzuführen. Schuljahr 1932/33 Einbrecher drangen in der Nacht zum 8. Juni in die hiesige Lehrerwohnung ein. Sie durchsuchten die Räume des ersten Stockwerkes und entkamen unerkannt, nachdem sie Kleidungsstücke, Lebensmittel und Geld im Werte von etwa 120 M. mitgenommen hatten. Am 12. März 1933 fanden auch in hiesiger Gemeinde die Wahlen zur Gemeindevertretung statt. Ein erbitterter Wahlkampf, der leider vom Sachlichen ins Persönliche überging und wenig im Dienste der Volksgemeinschaft stand, ging voraus. Gewählt wurden folgende Vertreter. 1. Johann Junkerfeuerborn, Landwirt Verl 50 2. Franz Blankemeyer, Fabrikant Verl 40 3. Johann Buschmann, Arbeiter Verl 37 4. Heinrich Johannimloh, Arbeiter Verl 5. Heinrich Schlösser, Geschäftsführer Verl-Gepag 6. Wilhelm Raestrup, Kaufmann Verl 11 7. Mickenbecker, Ferdinand, Tischler Verl 286 8. Vorderbrüggen, Bernhard, Ziegeleibesitzer Verl Anstelle des Landwirts Johann Junkerfeuerborn, der ausscheiden mußte, weil sein Bruder Gemeindevorsteher ist, trat der zweite Kandidat seiner Liste, der Lehrer Franz Zimmermann Verl-Sürenheide. _____________ Schuljahr 1933/34 Aus dem Vereinsleben der Gemeinde ist zu berichten, daß der Verl-Kaunitzer Schützenverein am 1. 2. und 3. Juli 1933 das Fest seines 100-jährigen Bestehens begehen konnte. Sämtliche Vereine des Kreises Wiedenbrück waren dazu eingeladen und auch fast vollständig erschienen. Am Hauptfesttage, dem 2. Juli durchzog 36 ein Festzug mit mehr als 1000 Schützen die Straßen des Dorfes. Zu dem glänzenden Feste hatten sich soviel auswärtige Gäste eingefunden, wie bisher nicht in Verl gezählt wurden. Am 29. Dezember trat die hiesige Gemeindevertretung zu ihrer letzten Sitzung zusammen, da ab 1. Januar 1934 die kommunalen Vertretungskörperschaften nicht mehr bestehen und die Verwaltung der Gemeinde nach dem Führerprinzip in der Hand des Gemeindeschulzen allein liegt. Die hiesige Pfarrkirche war schon länger zu klein, sodaß die Kirche an den Sonntagen die vielen Kirchenbesucher nicht aufnehmen konte. Um diesem Mangel abzuhelfen, wurde an der Westseite ein Anbau errichtet, der einen neuen Hochaltar aufnahm. Auch eine Heizungsanlage wurde in dem Anbau untergebracht. Die Orgelbühne wurde auf der gegenüberliegenden Seite in größerem Ausmaß neu eingebaut. Die Orgel selbst befindet sich zur Zeit in der Orgelbauwerkstatt Speith-Rietberg, wo sie instand gesetzt wird. Durch den Anbau ist für einige hundert Personen mehr Platz geschaffen. Immerhin dürfte mit dem Umbau und Anbau nur für kurze Zeit der Raummangel beseitigt sein, wenn die Entwicklung der Gemeinde im Maße der letzten Jahrzehnte fortschreitet. Nach der nationalen Erhebung entstand auch in Verl eine Sturmabteilung (SA) der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei. Sie trat am nationalen Feiertag, dem 1. Mai, erstmals unter Führung ihres Sturmführers Schwörer vor der Öffentlichkeit in die Erscheinung. Im Juli wurde hier dann eine SA- Reserve gegründet, deren Führer Kaufmann Hubert Schröder wurde. Am 15. Oktober fand die festliche Fahnenweihe der Verler SA statt. Es nahmen daran alle Männer des Sturmbanns IV der Standarte 174 teil. Seit November bildet die Reserve einen eigenen Sturm, der wie der aktive Sturm die Nummer 33 führt. Am 1. Mai erhielt der Kriegerdenkmalplatz inmitten des Dorfes Verl den Namen: Hindenburg-Hitler-Platz. 37 1934 Die Gemeinde Verl zählt 2564 Einwohner in 514 Haushaltungen. 416 Schulkinder werden von 7 Lehrkräften unterrichtet. Anstelle der im Dezember 1933 aufgelösten kommunalen Körperschaften, die durch Wahl berufen waren, treten nun Körperschaften, die auf Vorschlag der NSDAP vom Landrat ernannt werden. Danach werden für die Gemeinde Verl folgende Gemeinderäte unter Berufung in das Beamtenverhältnis (Ehrenamt) eingesetzt: Lokomotivführer Bernhard Hügelmeier Verl, Fleischermeister Eugen Schwörer – Verl 341, Lehrer Franz Zimmermann – Verl 247, Wirt und Bauer Heinrich Piepenbrock – Verl 66, Bauer Aloys Schröder – Verl 216, Maurer Heinrich Johannimloh – Verl 354 und Kaufmann Heinrich Schlösser – Verl 269 Fleischwarenfabrik. Am 1. November schied der langjährige Gemeindevorsteher von Verl Bauer Heinrich Junkerfeuerborn – Verl 51 aus seinem Amte, weil nach der neuen Gemeindeverordnung der Amtsbürgermeister zugleich Gemeindeschulze seines Wohnortes sein soll. Amtsbürgermeister Lükewille übernimmt nun das Amt des Verler Gemeindeschulzen (bisher „Gemeindevorsteher“). Junkerfeuerborn war 37 Jahre lang der Gemeindevorsteher von Verl. 1935 Die Gemeinde Verl zählt 2971 Einwohner. Im Jahr 1900 wurden 1437 Einwohner gezählt. Seit der Jahrhundertwende hat sich also die Einwohnerzahl verdoppelt. In der Nacht vom 22. zum 23. November brannte die Möbelfabrik der Gebrüder Mickenbecker in Verl nieder. Sie beschäftigte bisher 68 Arbeiter. Mit dem Neuaufbau wurde alsbald begonnen. Die Vermessungsarbeiten für die wichtige Autobahnlinie Köln – Ruhrgebiet – Hannover – Berlin, die einige hundert Meter nordwestlich hiesiger Schule vorbeiführt, wurden im Laufe 38 im Laufe dieses Jahres vorgenommen. Im Dezember begann man bei dem Gehöft Ferdinand Bröker mit dem Ausheben des Mutterbodens, der in Mieten von etwa 1 m Höhe zu beiden Seiten der Baustelle aufgestapelt wird und später bei der Anlage der Böschungen und Grünstreifen Anwendung findet. Gegen Ende des Jahres wurde auch mit den Erdarbeiten für die neue Straße Verl – Sürenheide – Avenwedde – Gütersloh begonnen. Der erste Teil der Straße bis zur Kreuzung der bisherigen beiden alten Landstraßen war schon im Januar 1932 fertiggestellt worden. 1936 Die vorstehend unter dem Jahr 1935 verzeichneten Arbeiten an der Autobahn und der neuen Straße nach Gütersloh fielen in das Jahr 1936. Es wurden auch im Sommer des Jahres 1936 die Erdarbeiten für eine Verbindungsstraße fertiggestellt, die in in der Nähe der alten Schule Verl 151 von der Straße Verl – Gü- tersloh abzweigt und nach Ruthmanns Mühle in Avenwedde führt. Die Arbeiten werden von dem Tiefbauunternehmer Westerbarkei in Spexard ausgeführt. Die Personenstandsaufnahme am 10. Oktober ergab für unsere Gemeinde 3151 Einwohner. 1937 In diesem Jahre stand die hiesige Gegend im Zeichen des Autobahnbaus. Die Erdarbeiten werden in der Zeit von April bis Dezember in der Hauptsache durchgeführt. Sie wurden von dem Unternehmer Dürrkopp aus Peine bei Hannover ausgeführt. Die Firma beschäftigte neben hiesigen Arbeitern in der Hauptsache Arbeitslose aus dem Industriegebiet. Die Arbeiter aus dem Ruhrgebiet wurden in einem Reichsautobahnlager, das bei Clasbrummel 117 errichtet wurde, untergebracht. Die Stammarbeiter der Firma wohnten zumeist bei hiesigen Einwohnern. Der Bauabschnitt des Unternehmens reichte von der Teutoburger Waldeisenbahn bis zur Straße Verl – Friedrichsdorf. Es waren hier rund 200 Mann beschäftigt. Das Baubüro der Firma Dürrkopp fand Unterkommen in dem Hause Christoph Clasbrummel Verl Nr. 238. 39 Das Lager bei Clasbrummel wird von einem Lagerführer verwaltet und von der Reichsautobahn unterhalten. Es hat schöne Grünanlagen mit Blumenbeeten, elektrisches Licht, Wasserleitung, ein Badehaus, mehrere Schlafsäle, Küche mit Vorratsräumen und einen großen Gemeinschaftsraum, in welchem den Lagerinsassen alle zwei Wochen Veranstaltungen der NS- Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ geboten werden. Auf der Baustelle erklingt nun das hohe Lied der Arbeit. Im April erschienen vier mächtige Bagger, die mit ihren Riesengreifern den Sand heben und in eiserne Loren schütten, die je 1 ½ cbm fassen. Diese Loren sind zu 15 – 20 Stück zu einem Zug zusammengestellt, der von einer Benzollokomotive gezogen wird. Der Sand zum Bau des Bahnkörpers und der Überführungen wird in der Sürenheide von den Grundstücken der Bauern Junkerfeuerborn, Paulfeuerborn, Jakobfeuerborn und Clasbrummel entnommen. Es wird dadurch bisher hochgelegenes, unfruchtbares Heideland in saftige Wiesen umgewandelt und der gesamten Landschaft ein neues Gesicht gegeben. Den ganzen Bauabschnitt entlang führt eiune zweigleisige Schienenstrecke mit vielen Weichen und Zweigstrecken. 20 Züge befördern den Sand an den Bestimmungsort. Es wird Tag und Nacht gearbeitet. Vielhundertkerzige Glühlampen spenden den Arbeitern auf den Baustellen Licht für den Nachtdienst. Das Rattern der Motoren und Bagger und das Pfeifen der Lokomotiven verstummt nur für wenige Stunden am Sonntag, in denen die Lokomotiven geputzt und nachgesehen werden. In einer besonderen Reparaturwerkstatt, die auf dem Grundstück Christoph Clasbrummel gelegen ist, werden etwaige Schäden an Lokomotiven und Loren ausgebessert. Ein Tanklager nebenan liefert den notwendigen Betriebsstoff für die Lokomotiven. Auch mit den notwendigen Brückenbauten wurde im Laufe des Sommers 1937 begonnen. 1938 Die Arbeiten an der Reichsautobahn werden fortgesetzt. Im Monat Mai wurde mit den Betonierarbeiten bei der Auffahrt in Spexard begonnen. Dort ist an der Teutoburger – Waldeisenbahn 40 ein besonderer Bahnhof entstanden. Haushohe Lager für groben und feinen Kies, für Sand und Zement füllen das Gelände zwischen Eisenbahn und Straße von der Brücke bis zum Kriegerdenkmal aus. Von hier aus wird das Baumaterial mit Zügen zur Strecke befördert. Eine Wasserleitung wurde längs der Straße von Spexard bis nach Sende angelegt. Das Wasser liefern Bohrbrunnen, die in der Besitzung Johann Westerbarkei Verl angelegt wurden. Der Betonstreifen wird mittels großer Maschinen, die auf Schienen laufen, gebaut. Die Maschinen besorgen das Einebnen und Stampfen des Erdbodens, das Mischen der Betonmasse und auch das Verlegen und Glätten der Decke. Es werden täglich 150 – 200 m der Fahrbahn fertiggestellt. In der Zeit von Mitte Mai bis Ende August 1938 wurden beide Fahrbahnen von der Eisenbahn in Spexard bis Balsfulland in Sende fertig. Es galt nur noch, die Böschungen der Strecke und Rampen mit Mutterboden zu bedecken und mit Rasen zu besäen. Diese Arbeiten wurden nur bis zum Spätherbst ausgeführt. Bald verschwanden nun Gleisanlagen, Wasserleitung und Maschinen und es wurde wieder still auf der Baustelle. Am 12. November konnte nun die lange Teilstrecke von Recklinghausen bis Brackwede übergeben werden. Die Strecke wurde durch den Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen Dr. Todt und Gauleiter und Oberpräsident Dr. Meyer dem Verkehr übergeben. Zahlreiche Volksgenossen und Schulen sowie Fanfarenzüge des Jungvolkes hatten auf den Brücken, die mit Girlanden und Fahnen geschmückt waren, Aufstellung genommen. Bei der Auffahrt in Spexard machte die Wagenkolonne Halt. Es fand dort ein Festakt statt. Dr. Todt schritt die Front der angetretenen Formationen ab und sprach dann ebenso wie Gauleiter Meyer zu den versammelten Festteilnehmern. Darauf wurde die Fahrt in Richtung Brackwede fortgesetzt, viele Ehrengäste folgten und seitdem nimmt der Verkehr unaufhörlich seinen Lauf über die fertige Strecke. Am 10. April wurden in Verl für den Führer und Großdeutschland 1990 von 2067 Stimmen abgegeben. Das hiesige Reichsautobahnlager bildete einen eigenen Stimmbezirk. Am 23. Juli begann man damit, die Straße am Dorfeingang zu 41 kanalisieren und die Brücke über den Ölbach zu erbreitern. Die Mauer am Grundstück Westerebbinghaus, die die Übersicht im Straßenverkehr beeinträchtigt, wird abgebrochen und zurückgesetzt. Die Straße von Zimmermeister Schröder bis Tönsfeuerborn erhielt Anfang August die erste Teerdecke. 1939 Die im Jahre 1937 fertiggestellte Straßenstrecke Hausweiher bei Tönsfeuerborn – Avenwedde erhielt im Laufe des Sommers eine Teerdecke. Bis dahin war die Straßendecke, die aus Holzofenschlacke bestand sehr rauh und für den Radverkehr wegen zu starken Reifenverschleiß´ wenig geeignet. In kurzer Zeit war die Strecke fertiggestellt und somit befindet sich nun die ganze Chaussee Verl – Sürenheide – Gütersloh in einem tadellosen Zustande. Am 16. Juni 1939 versammelten sich 700 alte Mitkämpfer des Führers in Bielefeld, um eine Fahrt durch den Gau Westfalen, Nord anzutreten. Auch der Kreis Wiedenbrück wurde von der Fahrt berührt. In Gütersloh und Wiedenbrück wurde die alte Garde des Führers herzlich begrüßt. In Wiedenbrück wurde den Männern auf dem Marktplatz ein Mittagessen gegeben. In den westlichen Gebieten unseres Vaterlandes hatte man in den vergangenen Jahren vereinzelt den Kartoffel- oder Koloradokäfer gefunden. Um eine Verbreitung dieses gefährlichen Schädlings unter allen Umständen zu vermeiden, wurde der Kreis Wiedenbrück zum Suchgebiet erklärt und der Suchdienst organisiert. Es wurden Kolonnen von je 14 Suchern mit einem Führer zusammengestellt, die an jedem Montag in der Zeit von 9 – 13 Uhr eine bestimmte Anzahl Kartoffeläcker absuchen mußten. Zum Suchdienst wurden aus jedem Haushalt, der Kartoffeln baute, eine Person herangezogen. Auch die hiesigen Schulkinder bildeten drei Kolonnen, die sich an der Suchaktion beteiligten. Es wurde in hiesiger Gegend kein Käfer gefunden. Die Suchperiode dauerte vom 15. Juni bis zum Herbst. Am 17. Mai fand eine Volks- Berufs- und Betriebszählung im Großdeutschen Reiche statt. Wegen Teilnahme der Lehrerschaft an deren 42 Durchführung fiel am 19. Mai 1939 der Unterricht aus. Der Winter 1939/40 war sehr kalt. Die Kälteperiode begann am 15. Dezember 1939. Bis zum 30. Dezember war die Kälte erträglich. Am 30. Dezember setzte starker Schneefall ein. Der Schnee erreichte eine Dicke von 25 – 30 Zentimeter. Es traten dann starke Verwehungen ein, sodaß der Schnee stellenweise 50 – 60 Zentimeter hoch lag und ein lästiges Verkehrshindernis bildete, unter dem besonders die in Gütersloh beschäftigte Arbeiterschaft zu leiden hatte. Die Kälte dauerte bis in die letzten Februartage 1940. Lediglich an den beiden Weihnachtstagen und vom 5. – 8. Februar setzte die Kälte für kurze Zeit aus. Der 18. Januar 1940 war mit 23 ° Kälte der kälteste Tag des Winters. Der 20. Februar wies noch -16 Grad auf. An den übrigen Tagen bewegte sich die Temperatur meist zwischen 12 – 15 Grad unter Null. Am 22. Februar setzte energisches Tauwetter ein. Mehrere Tage dauerte es, bis der letzte Schnee verschwunden war. Noch länger als eine Woche dauerte es, bis der Untergrund die Wassermengen der Schneeschmelze aufnahm und auch die Sandwege wieder passierbar waren. Ges. Hövelmann 22.6.43 1941 In der Nacht vom 12. zum 13. Juni wurden in der näheren Umgebung die ersten feindlichen Bomben geworfen. In der Nähe der benachbarten Schule Widei fielen mehrere Bomben. Durch den Luftdruck waren Dach und Fenster beschädigt. Die Schule wurde für einige Tage gesperrt, bis mehrere Blindgänger, die in der Nähe lagen, gesprengt worden waren. Während dieser Zeit hatten die Kinder von Widei in hiesiger Schule Unterricht. Der Winter 1941/42 war sehr strenge. Die Kälte hielt lange an. Die tiefste Temperatur wurde in der Nacht zum 27.1.42 mit – 28 Grad Kälte gemessen. Noch am 9. März 1942 waren 11° Kälte. Es fiel für hiesige Verhältnisse ziemlich viel Schnee, der verwehte und stellenweise eine Höhe von ½ m erreichte und den Verkehr stark behinderte. 1942 Die Ausgabe der Lebensmittelmarken, die mit Beginn des Krieges eingeführt wurden, erfolgt seit September 1942 für den Bezirk der hiesigen 43 Schule im Klassenzimmer unter verantwortlicher Leitung des Lehrers. Die Mannigfaltigkeit der Karten nimmt immer größeren Umfang an, so daß vier bis sechs weibliche Hilfskräfte, die durch die Amtsverwaltung verpflichtet wurden, beschäftigt werden müssen. Die Lebensmittelkarten, Mehlkarten, Raucherkarten, Kleiderkarten usw. müssen bei der Kartenstelle in Verl auf dem Amt abgeholt werden. Sie sind der Einwohner- bzw. Verbraucherzahl des Schulbezirks entsprechend abgezählt. In der hiesigen Ausgabestelle werden sie nun für die einzelnen Haushaltungen verteilt und in einen Umschlag getan, um am folgenden Tage schnell an die Abholer der Haushalte ausgehändigt zu werden. Da die Arbeit des Zählens und Verteilens vollkommene Genauigkeit erfordert, muß bei einem etwa vorkommenden Zählfehler eine stundenlange Nachprüfung erfolgen. 1944 Am 23. September 1944 wurden Flüchtlinge aus Aachen in der hiesigen Schule einquartiert. Für die Nacht wurde für sie von den Frauen der Nachbarschaft im Schulzimmer ein großes Strohlager hergerichtet. Sie wurden mit kalten und warmen Speisen, die in der Waschküche zubereitet wurden, bewirtet und am folgenden Tage durch die Gemeindebehörde verschiedenen Haushaltungen des Schulbezirks zugewiesen. Nach Kriegsende kehrten die meisten Aachener Evakuierten in ihre Heimat zurück. Da die Arbeitskräfte in der Landwirtschaft immer knapper wurden und um die Bergung der Hackfrüchte zu sichern, wurden die Kinder bei der Einbringung der Kartoffelernte eingesetzt. Die Kinder der hiesigen Schule halfen in der Hauptsache dem Pächter Ohlmeyer auf Gut Hülshorst. Gegen Ende des Jahres wurde die Tieffliegergefahr immer größer. Um dieser zu begegnen wurden durch die Schüler unserer Schule an der neuen Straße Verl – Gütersloh entlang Deckungslöcher und Deckungsgräben ausgehoben. Die Arbeit nahm mehrere Tage in Anspruch, da die Strecke von Zimmermeister Schröder Verl bis zur Spexarder Grenze hinter der Autobahn bearbeitet werden mußte. Am Totensonntag, den 26. November 1944 gegen 12 Uhr mittags warfen feindliche Bomber unmittelbar neben das Haus des Landwirts Heinrich Westerbarkei Verl 335 und Johann Schuhmacher Verl schwere Bomben ab. Beide Häuser wurden zerstört und mußten niedergerissen werden. Beide Häuser wurden bald wieder aufgebaut. 44 1950 Im September 1950 wurde damit begonnen, den der Schule gegenüberliegenden Wald, der dem Gutsbesitzer und Fleischwarenfabrikanten Blankemeyer, wohnhaft in Gütersloh, gehört. Blankemeyer tritt das Grundstück an die Gemeinde Verl ab, die es zum Preise von 0,75 DM an Baulustige weiter verkauft und in Erbpacht gibt. Auch ein Teil des feldmäßig genutzten Grundstücks an der Nordwestseite der Landstraße wurde auf diesem Wege vergeben. Es stehen zur Zeit etwa 35 Bauplätze zur Verfügung. Auf 13 dieser Grundstücke werden durch die Westfälische Heimstätte in Bielefeld Siedlungshäuser mit je 2 Wohnungen errichtet. Mit dem Bau der ersten fünf Häuser, die für Ostvertriebene erstellt werden, wurde im Frühsommer 1951 begonnen. An Weihnachten waren sie bezugsfertig. Mit den Arbeiten an den übrigen 8 Häusern, deren demnächstige Eigentümer Einheimische sind, wurde im Frühjahr 1952 begonnen. Sie sollen zum Herbst fertig werden. Außer diesen Siedlungshäusern sind noch zahlreiche private Vorhaben im Bau und geplant. Es ist also damit zu rechnen, daß in den nächsten Jahren in der Nähe der hiesigen Schule ein geschlossenes Dörfchen entsteht. Voraussetzung ist, daß ruhige Zeiten bleiben. Kirchenbau. Die Kirche der kath. Gemeinde Verl reicht schon seit langen Jahren für die große Seelenzahl nicht mehr. Zahlreiche Bewohner der Sürenheide und im Widei hegten schon lange mit Rücksicht auf die weiten Kirchwege den Wunsch, ein eigenes Gotteshaus zu besitzen. Endlich wurde nun dem Gedanken der Errichtung einer zweiten Kirche in der Gemeinde nähergetreten. Eine erste öffentliche Versammlung in dieser Angelegenheit fand am 28. Januar 1951 in der hiesigen Schule statt. Als Vertreter der kirchlichen Behörde erschien auch Herr Dechant Häner Verl. Er wies auf die Notwendigkeit der Errichtung einer zweiten Kirche und die Schaffung einer neuen selbständigen Pfarrei hin. Sämtliche Anwesenden waren mit ihm hierin einig. Meinungsverschiedenheiten zeigten sich nur in Bezug auf die Lage der Kirche. Die Mehrheit stimmt für einen Platz auf dem Grundstück der Ww. Hinnersmeyer oder Jakobfeuerborn, daß in der Gabelung zwischen der neuen Straße Verl-Güterloh und der alten Landstraße auch für die Bewohner des Widei günstig liegt. Ein kleinerer Teil der Versammlungsteilnehmer waren der Meinung, die Kirche müsse in unmittelbarer Nähe der hiesigen Schule liegen. 45 Es wurde ein Kirchenbauverein gegründet und die Leitung dem Bäcker und Kaufmann Aloys Wiesrecker übertragen. Eine zweite Versammlung war am 18. Mai 1952. Die gewählten Bezirksvertrauensleute sollen mit der Spendensammlung für die Kirche beginnen. 1953 Im Monat Juni dieses Jahres wurde mit dem Bau der Kirche in Sürenheide begonnen. Die bauliche Ausführung liegt in den Händen des Architekten Waterkamps aus Wiedenbrück. Am Sonntag, den 12. Juli, war die feierliche Grundsteinlegung, die vom Herrn Dechanten Häner, Verl, vorgenommen wurde. Vertreter der Gemeinde und des Amtes, sowie eine große Zahl der Bewohner unseres Ortsteiles und der näheren und weiteren Umgebung, nahmen an der Grundsteinlegung teil. Auch der Herr Dechant Brill aus Schloß Holte und der Herr Rektor Buschmeier, von der Benediktiner-Abtei Varensell, waren anwesend. Inmitten der Grundmauern, vor dem, auf dem Platze des künftigen Altares aufgestellten Holzkreuzes aus einer Birke, wurde der 1. Choral in diesem Gotteshause gesungen. Am Dienstag, den 6. 10. sollte das Richtfest der Kirche sein. Beim Anbrin – gen des Balken für das Richtkreuz stürzte infolge einer Windböe, das Gerüst der Kirche (Dachgerüst) vollständig ein.

Der 17 jährige Zimmerlehrling Wilhelm Teichmann stürzte aus dem fallenden Dachgerüst und fand den Tod inmitten der Kirche. Am Freitag, den 9.10. wurde die Leiche des Wilhelm Teichmann, dessen Mutter Ww. ist, auf dem evangelischen Friedhof in Schloß Holte zur letzten Ruhe gebracht. Eine große Anzahl der Bewohner unseres Ortsteils, sowie die Kinder und die Lehrpersonen der Schule Sürenheide gaben dem Toten das letzte Geleit. Am 1. September begann man mit dem Bau einer festen Straße von der Kirche in der Richtung nach der Schule Sürenheide. Am 20.10. war eine Strecke von 500 m fertig gestellt. Die weitere Befestigung der Straße Tönsfeuerborn – Straße Verl – Gütersloh, soll im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Am 6. September war die Wahl zum 2. Deutschen Bundestag und zur Bundesversammlung, im Wahllokal der Volksschule in Verl. Der 79 jährige Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer wurde mit starker Mehrheit wieder gewählt. In diesem Jahre war ein selten milder Herbst. Bis zum Schluss des Jahres war ein mildes, fast frühlingshaftes Wetter. Im September entließ die Sowjetunion fast 6000 kriegsgefangene deutsche Soldaten, die nun schon 8 und mehr Jahre in der Gefangenschaft waren. Aus unserem Amtsbezirk kam Alois Kleinerüschkamp aus Sende und Stöttwig aus Widei heim. Die Heimkehrer wurden zum größten Teile durch das Lager Friedland geführt. Ihre Namen wurden von dort durch das Radio bekannt gegeben. Der Empfang der Heimkehrer in der Heimat war ein überaus herzhafter. Wir hoffen, daß im kommenden Jahre auch der letzte Deutsche, aus der russischen Weite, seinen Weg in die Heimat finden wird. Am 12. Oktober nahm Herr Vikar Vogel, der längere Jahre hier seelsorgerisch tätig war, Abschied von hier, um in Dortmund tätig zu sein. Sein Nachfolger wurde Herr Vikar Schulte, der zuvor in Dortmund tätig war. Herr Dechant Häner, der sich nun im 74. Lebensjahre befindet, wurde zum Geistlichen Rat ernannt. Amtsbürgermeister ist Herr Vorderbrügge Verl, Amtsdirektor ist 46 Herr Dr. Gärtner, Gemeindebürgermeister ist Herr Fritz Tönsfeuerborn. Die Siedlung bei der Schule Sürenheide hat am Ende dieses Jahres schon ca. 27 Häuser. Eine große Siedlung ist in diesem Jahre von Herrn Sielhorst, in unmittelbarer Nähe seines Geschäftes errichtet. Die Siedlung bei der Schule Sürenheide zeigt schon das Gesicht eines geschlossenen Dörfchens. Die Anlage und Pflege kleiner Gärtchen und Obstkulturen nimmt einen erfreulichen Fortgang. 1954 Mit dem Beginn des Jahres setzte ein starker Schneefall ein. Das Thermometer zeigte 10 – 15 ° Kälte an. Bis zum Monat Juli blieben die Witterungsverhältnisse normal bis auf die große Dürre, die in den Monaten Mai und Juni anhielt. Infolge des Wassermangels wuchs das Gras nur dürftig und mager. Im Anfang des Monats Juli setzte dann eine Regenperiode ein, die mit kleinen Unterbrechungen fast bis zum Schlusse des Jahres anhielt. Die Erntemonate verregneten total. Es gab eine Mißernte, wie man eine solche seit 100 Jahren nicht gehabt hatte. Auf einigen Wiesen lagen im Dezember noch die Haufen Heu auf den nassen Flächen, die noch vom 1. Schnitt waren. Das Getreide konnte nur mit Mühe eingebracht werden. Die Körner wiesen in den Mühlen einen Feuchtigkeitsgehalt von 25 + mehr % auf. (Normal 12-14%). Viel Getreide ist gänzlich ausgekeimt, auf dem Felde verdorben. Der Grundwasserspiegel stand hier äußerst hoch. Die tiefen Länder waren teils nicht mehr zu befahren. Der Getreideausfall und die damit entstandene Notlage in vielen landwirtschaftlichen Betrieben waren Gegenstand der Beratungen im Bonner Bundestag. Am 28. Mai feierte Herr Geistl. Rat und Ehrendechant Häner, der 27 Jahre in unserer Gemeinde tätig ist, sein 50 jähriges Priesterjubiläum. Am Morgen des Festtages war in der Dorfkirche ein feierliches Levitenamt. Nach der Dankandacht am Nachmittag, versammelte sich die gesamte Kirchengemeinde in der Schützenhalle, wo dem Hchw. Herrn vielerlei Ehrungen zuteil wurden. Es wurde auch hier erwähnt, daß die Fertigstellung der Kirche in Sürenheide seine große Herzensangelegenheit sei. Am 1. Adventssonntag konnte die Kirche in Sürenheide benificiert werden. Das 1. Hl. Meßopfer, ein Levitenamt, wurde an diesem Tage zelebriert vom Hchw. Herrn Geistl. Rat Johann Häner und den Vikaren Schulte und Seidel. Die neue, 3 Ztr. schwere Glocke läutete zum 1. Male, probeweise, am Freitag, den 26.11. um 18.15. Näheres über die Kirche ersehe man aus den Zeitungsartikeln der „Glocke“ vom 26. und 30.11, auf folgender Seite. Am 27.6. war in hiesiger Schule das Wahllokal für die Bundestagswahl/ Landtagswahl für N.R.Westfalen. Am 19. Juli wurde der Bundespräsident, Professor Heuss, mit Mehrheit wiedergewählt. Der Weltmeisterschaftssieg der deutschen „Fußballelf“ gegen die Ungarn, auf dem Sportfelde in Bern, der mit 3:2 für die Deutschen endete, wurde am Radio und am Fernseher miterlebt. Am 4. Septbr. begann man mit dem weiteren Ausbau der Straße, von der Kirche bis zum Walde/ Geschäft Zimmermann. Am 1.10. war die Straße fertig. Am 11.10. war in hiesiger Schule eine gut besuchte

 

 

 

 

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